Erster Tag, erster Dämpfer.

Sonntagabend konnte ich nicht schlafen. Ganz leise beschlich mich das Gefühl, dass sich nun vielleicht doch etwas Vorfreude bzw. Aufregung anbahnt. Jedenfalls bin ich dann gegen 23 Uhr wieder aufgestanden (Weckzeit 5.45 Uhr) und habe aufgeräumt. Zuerst das Arbeitszimmer. Dann das Wohnzimmer und die Küche musste auch noch dran glauben. Schnitten waren geschmiert und samt geschnippelter Gurke in Brotbüchse und Brotbüchse im Kühlschrank verstaut. Halb eins ins  Bett. Wieder.

Der Morgen war okay. Schnell Kaffee gekocht und in meinen Kaffeethermosbecher gefüllt (wie cool!). Irgendwie dachte ich, das muss jetzt. Beim morgendlichen Autofahren sich nen schönen heißen Kaffee reinziehen – tolle Vorstellung. Wie so oft verhielt es sich mit der Realität aber anders als mit der Vorstellung. Mein Becherhalterloch im aufgeklappten Handschuhfach ließ sich nicht nutzen, denn mein Becher war zu hoch. In den Fußraum des Beifahrers konnte ich den Becher auch nicht stellen, denn ich merkte schnell, dass das verschließbare Trinkloch am Becher nicht besonders dicht ist. Ich habe sogar kurz versucht, mir den Becher zwischen die Beine zu klemmen, stellte jedoch bald fest, dass dies weder für meine Sitzbezüge noch für mein Überleben besonders von Vorteil war. Also kein Kaffee im Auto.

Den ganzen Tag zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Allerdings wurde mir ein gehöriger Motivations- und Freudendämpfer verpasst, denn die für mich zuständige Lehrerin hat mir klipp und klar gesagt, dass es sie nervt, dass ich ihr aufs Auge gedrückt wurde und dass sie auch versucht hätte, sich dagegen zu wehren. Sie halte nichts von „neumodischen“ Unterrichtsmethoden und macht ihre Stunden so, wie sie das für richtig hält. Weiterhin würde sie keinen Wert darauf legen, beliebt zu sein.

Weißte Bescheid. Wie war das gleich mal mit der Vorfreude…?

Auch in Gestalten sind mir fast die Haare rausgefallen. Total hinterm Mond. Vorangegangende Stunde wurde ein Schmetterlingskörper gemalt. Ein brauner, senkrechter Strich mit zwei langen Fühlern. Mehr wurde nicht geschafft. Reicht ja auch, war sicher ne Heidenarbeit!! Heute wurden die Schmetterlingsrümpfe wieder ausgeteilt und dann ging’s los: Frau Backe zeichnet einen A3-Blatt-Umriss an die Tafel und legt los. Erst den Schmetterlingsrumpf in die Mitte. Den hatten ja nun schon alle. Dann links und rechts zwei S-Kurven-förmige Flügel dran, jeweils in die obere Hälfte einen großen und in die untere Hälfte einen kleinen Kreis. Nun durften die kleinen Roboter Kinder flink abmalen. Zwei S-Kurven, oben je ein großer Kreis, unten je ein kleiner Kreis rein. Super. Als es ans Ausmalen ging, durfte man natürlich nicht einfach irgendeine Farbe auswählen, die einem gefiel – neeeein. Immer schön vorher fragen und wer gern ein bisschen braun verwendet oder gern etwas gemischt hätte, hatte gleich verloren. Ein Schmetterling ist doch schön bunt!

Jedenfalls gibt es nun 25 weitere Schülerarbeiten, die nebeneinander an der Wand hängen, alle gleich aussehen und während deren Entstehung die kleinen Künstler nichts, aber auch gar nichts gelernt haben. Weder über Farben, noch über Lichtbrechung (–> Schmetterlingsflügel) oder gar darüber, dass Schmetterlinge kleine Schuppen auf den Flügeln haben. Dass Nachtfalter eigentlich immer mit den interessantesten Mustern in Brauntönen geschmückt sind, wurde völlig ausgeblendet und WARUM die Schmetterlinge so aussehen, .. tja – das weiß auch immer noch niemand der 25 Opfer.

An dieser Stelle ziehe ich den Hut vor Frau Weh, die selber fachfremd (!) Kunst unterrichtet und dies wohl besser tut also so manch anderer ausgebildeter Kunst- oder Gestaltenlehrer. Sie informiert sich stets über diverse Techniken und Verfahren, arbeitet mit unterschiedlichsten Materialien, lässt den Kindern ihren Handlungsspielraum, orientiert sich an aktuellen Themen (z.B. Abwrackprämie) und geht auch inhaltlich in die Tiefe. Ich verbeuge mich gerade! Danke, dass es noch Lehrer gibt, die Gestalten oder Kunstunterricht nicht als „Malen zum Entspannen zwischen den wichtigen Fächern“ ansieht sondern in ausgezeichnetem Maße die Kinder künstlerisch sowie sozial bildet! Selbst in ihren Musikunterricht bindet sie gestalterische bzw. künstlerische Elemente ein, indem Sie mit ihren Schülern die Trommeln selbst anfertigt, sich sogar in das „Abenteuer Schweineblasen“ stürzt (übrigens zwei sehr lesenswerte Artikel!) und am Ende für alles eine Lösung findet, die nicht darauf basiert, sich selbst zurückzulehnen. Denn das tut Frau Weh wohl fast nie. Die Kinder kommen zuerst. Klasse!

Ich bin im Moment wirklich entmutigt. Vor allem – wenn die Lehrer so unterrichten und auch nichts von anderen Methoden, Herangehensweisen, Impulsen o.Ä. hören wollen – wie soll ich denn dann ein angemessenes Feedback von ihnen bekommen, wenn ich meine Stunden halte? Wenn die Lehrer von vornherein dicht machen und alles scheiße finden, was die jungschen Leute (!) machen (die ja eh immer alles besser wissen wollen)… ja, wie soll ich dann vorankommen?

Kopfüber in die Hölle

Revolution stand auf unseren Fahnen.
Revolution stand uns im Gesicht.
Wir haben erlebt, was andre nicht mal ahnen.
Revolution – weniger wollten wir nicht.
Das ist noch nicht so lange her,
doch heute kennst Du mich nicht mehr.

Wir ham geträumt von einer besseren Welt.
Wir ham sie uns so einfach vorgestellt.
Wir ham geträumt. Es war ’ne lange Nacht.
Ich wünschte, wir wär’n niemals aufgewacht.

Revolution – wir wollten weg von der Masse,
kopfüber in die Hölle und zurück.
Heute stehst Du bei Hertie an der Kasse.
Da ist keine Sehnsucht mehr in deinem Blick.
Du sagst: „Man tut halt was man kann.“,
und Dir geht’s gut. Du kotzt mich an.

Wir ham geträumt von einer besseren Welt.
Wir ham sie uns so einfach vorgestellt.
Wir ham geträumt. Es war ’ne lange Nacht.
Ich wünschte, wir wär’n niemals aufgewacht.
Revolution von einer bessere Welt.
Wir ham sie uns so einfach vorgestellt.
Wir ham geträumt. Es war ’ne lange Nacht.
Ich wünschte, wir wär’n niemals aufgewacht.

Ich wünschte, wir wär’n niemals aufgewacht.

Im Moment habe ich beim Gedanken an den nächsten Schulbesuch einen Stein in der Magengegend. Eigentlich sollte ich mich nicht unterkriegen lassen sondern eher auf „Angriff“ gehen. Natürlich nicht im wörtlichen Sinn sondern eher in der Hinsicht, dass ich mein Ding durchziehe und das Beste draus mache, die Lehrer überzeuge und am Ende der Gewinner bin. Aber wenn der Stein einmal im Magen liegt, ist er auch mit solchen Gedanken nicht sofort entfernbar. Oh weia… :-/

Ich harre also der Dinge, die da kommen.

8 Kommentare zu “Erster Tag, erster Dämpfer.

  1. Du meine Güte! Was für ein Start. Das kann eigentlich nur besser werden, ich drücke die Daumen.

    Ansonsten danke für die Blumen, soooo wild ist das bei mir aber alles gar nicht ;-)

    LG
    Frau Weh

    • Danke fürs Daumendrücken. Ja, ein „Guten Tag, Sie sind nicht willkommen!“ hätte einen ähnlichen Effekt herbeigeführt. Man ist so schon unsicher (weil: neu und unerfahren) und fühlt sich nun als verhasster Fremdkörper.

      Gerne, gerne – die Blumen sind allerdings verdient, liebe Frau Weh. Weiter so!

      LG zurück
      Frau (ja, wie heiß ich nun? Frau Kummer?)

  2. Hallo, ich bin über Frau Weh auf deinen Blog gestoßen und lese seit einiger Zeit interessiert mit. Ich bin auch angehende Grundschullehrerin, vom Referendariat zwar noch etwas entfernt, aber grade mitten im Unterrichtspraktikum. Nach deinem heutigen Eintrag hatte ich den dringenden Wunsch, ein paar nette Zeilen dazulassen :). Direkt Tipps geben kann ich zwar auch nicht, aber die Enttäuschung und Entmutigung kenn ich. Ich wünsch dir sehr, dass du noch auf Lehrer triffst, die sich freuen, dir was zeigen zu können (oder sich sogar zeigen zu lassen) und dass du die Gelegenheit hast, deine eigenen Ideen umzusetzen…
    Viele Grüße, Eva

    • Hallo, das ist aber lieb von dir. Vielen Dank.
      Ich freue mich auch, dass du meinen Blog verfolgst, denn ich blogge erstens, weil ich gern schreibe und zweitens, weil ich Erfahrungsberichte liebe und nun selbst welche verfassen möchte – für Leute, denen mein Schicksal noch bevor steht, die es schon hinter sich und evtl. Tipps haben, für andere Lehrer und sonstige Personen, die das Thema mehr oder weniger interessiert.
      Ja, ich bekomme auch noch weitere Mentoren zugewiesen (für die anderen Fächer) und hoffe, dass es mit denen dann besser läuft und dass die evtl. etwas offener gegenüber mir und meiner Methoden eingestellt sind.
      Liebe Grüße zurück

  3. O weia. Lass dich von dieser „geschätzten“ Kollegin nicht unterkriegen und arbeite weiter an deinem Ziel … ich hatte als Schüler auch teilweise grausige Lehrer. Aus ihrem Unterricht habe ich nur selten Fachwissen mitgenommen, aber immer die Erkenntnis: SO wirst du nicht!

    Ich denke und hoffe, dass bald auch schöne Momente kommen werden. Liebe Grüße,
    Herr Koch

  4. Furchtbarer Start. Aber ich denk auch, dass es eigentlich nur besser werden kann. Die „jungschen“ Leute sind irgendwann in der Überzahl und setzen sich doch durch ;)
    Aber irgendwie krieg ich immer mehr Zweifel, ob ich wirklich nächstes Jahr ins Referendariat starten will ^.^

  5. Du Arme, herzliches Beileid für diesen Empfang! Aber lass dich nicht entmutigen, es gibt zum Glück auch andere, solche, die in der Mentorentätigkeit nicht nur eine Belastung, sondern auch die Chance sehen, etwas Neues kennenzulernen und eigene Methoden usw, zu reflektieren. Solche wünsche ich dir für für die anderen Fächer (wieviele und welche hast du?). Das hat auch nicht unbedingt mit dem Alter zu tun; ich gehe nächstes Jahr in den Ruhestand, und meine letzte Referendarin hat vor 10 Monaten Examen gemacht.
    @mouton noir: Lass dich nicht verunsichern, das Ref ist zwar kein Zuckerschlecken, aber machbar, und irgendwann musst du da sowieso durch.

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